Anfang April nahm unser Team gemeinsam mit einer Vielzahl von Fachleuten an der weltweit größten Veranstaltung zum Thema Kunststoffrecycling teil - der Plastics Recycling Show Europe (PRSE) 2025 in Amsterdam -, um die aktuellen Trends und Entwicklungen in der Branche zu diskutieren, innovative Technologien vorzustellen und bewährte Verfahren auszutauschen. Wir haben von der diesjährigen Veranstaltung drei wichtige Erkenntnisse mitgenommen - nicht nur Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt, sondern auch Chancen, die Zukunft des Recyclings neu zu gestalten.
Ton Emans, Director of Group Recycling bei Plastic Recyclers Europe, brachte die Lage der Recyclingindustrie in seiner Grundsatzrede eindringlich auf den Punkt:"Packen Sie es in die Tonne und drücken Sie die Daumen". Angefangen beim Zustrom kostengünstiger neuer und importierter Kunststoffe bis hin zu hohen Betriebskosten, unregulierten Importen und politischen Lücken stehen die Recycler in ganz Europa vor erheblichen Herausforderungen, wenn sie versuchen, die PPWR-Ziele zu erreichen.
Die Experten skizzierten einen Fahrplan für Maßnahmen, der mit sofortiger Entlastung beginnt und zu langfristigen Strukturreformen führt.
Kurzfristig forderten die Recycler strengere Kontrollen der Kunststoffeinfuhren, eine befristete finanzielle Unterstützung für Recycler und Anreize zur Förderung der Verwendung von Recyclaten. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Branche zu stabilisieren und die Wettbewerbsbedingungen zwischen Rezyklaten und Neuware anzugleichen. Langfristig muss der Schwerpunkt auf einen Systemwandel gelegt werden: Einführung eines verbindlichen Mindestanteils an Rezyklaten je Produktkategorie, Investitionen in eine EU-weite Sortier- und Recyclinginfrastruktur und die Beschleunigung von Design-for-Recycling-Verfahren in der gesamten Wertschöpfungskette.
Schließlich betonte der Redner die Notwendigkeit, dem regionalen Recycling Vorrang einzuräumen und sich für eine Kreislaufwirtschaft "Made in EU" einzusetzen, anstatt sich auf Importe mit uneinheitlichen Standards zu verlassen.
Rückverfolgbarkeit ist nicht nur ein Schlagwort - sie wird zu einem Eckpfeiler der Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe. Mit der Verschärfung der EU-Vorschriften wird die Möglichkeit, die Herkunft, Qualität und Sicherheit von recycelten Materialien zu überprüfen, zu einer kritischen Anforderung, insbesondere für lebensmitteltaugliche Anwendungen.
Initiativen wie RecyClass, ein branchenübergreifendes Projekt, spielen eine Schlüsselrolle beim Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe. Ihre Zertifizierungssysteme tragen dazu bei, die Praktiken der Industrie mit den EU-Vorschriften in Einklang zu bringen - insbesondere für Materialien mit Lebensmittelkontakt. Nach diesen Standards müssen Kunststoffabfälle während der gesamten Sammlung und Vorverarbeitung rückverfolgbar und qualitätskontrolliert sein, idealerweise unterstützt durch geeignete digitale Lösungen. In Zusammenarbeit mit erfahrenen Zertifizierungsstellen werden bereits Probeaudits durchgeführt, die bis Mai 2025 abgeschlossen sein sollen.
Trotz der Komplexität und der regulatorischen Hürden betonte Mireia Boada, Zertifizierungsmanagerin bei Plastics Recyclers Europe, dass es auch Chancen gibt: die Wettbewerbsfähigkeit von EU-Abfällen zu steigern, transparente Angaben auf der Grundlage der EN 15343 zu ermöglichen und letztendlich das Vertrauen in recycelte Kunststoffe in Lebensmittelqualität zu stärken.
Die ehrgeizigen EU-Ziele im Rahmen von PPWR und SUPD rücken schnell näher: 25 % PCR in PET-Getränkeflaschen bis 2025, 30 % bis 2030. Eine weitere Möglichkeit, die Ziele zu erreichen, besteht darin, in die Entwicklung neuer Technologien zu investieren. Während der PET Recycling Focus Session stellten Vertreter von Unternehmen wie ALPLA und Cirrec ihre neuesten Ansätze vor:
Abschließende Gedanken: Wir können nicht mehr "in die Tonne kloppen und die Daumen drücken"
Angesichts des Marktdrucks, der Verlagerung von Produktionsstandorten und der PPWR-Ziele für 2030 mag der Weg zu einer Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe holprig erscheinen. Auch wenn das Erreichen dieser Ziele kein leichtes Unterfangen ist, waren sich die Experten einig: Wenn man es richtig anpackt, gibt es immer noch eine echte Chance, eine stärkere und nachhaltigere Industrie aufzubauen - eine Industrie, die auf lokalen Materialien, Kreislaufsystemen und technischen Innovationen basiert.